was Alan Ayckbourn in seinem Stück "schöne Bescherung" beschreibt, kann die Relität noch viel besser...
Nehmen wir dazu eine Duchschnittsfamilie die am Weihnachtsabend zusammenkommt um den Festakt zu begehen. Schon Wochen im Voraus wirft der anstehende Festschmaus seine Schatten voraus. Soll es ein opulentes Mahl reich an Speisenfolgen sein oder das traditionelle Familienweihnachtsessen aufgetischt werden? Fragen über Fragen, die die Telefonleitungen zum Glühen bringen. Das traditionelle "Schlemmermenü" des 24. besteht in unserer Modellfamilie aus Frankfurtern. Angesichts der latenten Fettleibigkeit und des permanenten Fressens während des Rest des Jahres darf man sich also auf ein einfaches, ja fast spartanisches Mahl freuen und ich freuemich dabei auch für die Hausfrau: Auch sie verdient ein ruhiges Weihnachten, muß sie nicht stundenlang in der Küche stehen und den Kochlöffel schwingen. Aber auch die Freuden eines einfachen Mahles könnte einem fast verwehrt bleiben, paßt es der eingeladenen Verwandschaft nicht. So wird zuerst sinniert, danach telefoniert und schließlich insistiert: Würstl am Weihnachtsabend sind doch viel zu profan, quasi Plebs und so... Das Freimintenkontigent scheint schon erschöpft, als die Großmutter schließlich ihren Kettenhund zurückpfeift und sich die Eingeladenen doch auf die ausgelobte Speisenfolge einschwört.
So findet sich die werte Familie am Weihnachtsabend im Hause der ungeliebeten Tochter ein. Mit den aufgesetzten Festtagsgesichtern geht es sogleich an den Tisch, will man schließlich keine Zeit verlieren. So nimmt das Dinner seinen Lauf und der Enkel verzichtet dieses Mal sogar auf ein gutes Glas Bier, will er seine Großmutter nicht wegen der darauffolgenden obligaten Krokodilstränen in eine Exsikkose treiben. Nun; elegant die ersten Hürden umschifft nähert sich der Festschmaus seinem Ende und - verdammt, was ist passiert? Es bleibt glatt noch ein Paar Würstl übrig - Was denkt da der gemeine ausgefressene Wohlständler? Klar, der Rest muß weg! Nur wer opfert sich? Die Bäuche schreien "njet", aber zum Glück versteht es die Tante mit strenger Miene, ermahnenden Worten und bösen Blicken den Onkel zu "motivieren", doch noch einmal hinzulangen. Groteskes Bild am Tisch als die Frau den Mann zwingt, nein wegen Weihnachtsfriede: sagen wir lieber "überredet", doch noch nachzulegen. Auf der Gegenseite sitzt mit erschrockenem Gesicht die "Zuagroaßte", die neue Schwiegertochter, die das Alles kaum Glauben kann. Die Erzählungen im Vorfled tat sie als "erfunden" oder gar "übertrieben" ab. Doch jetzt erstauntes, nein eher faszieniertes aber sicher auch erschüttertes Schweigen über solche Ihr bis dato unbekannte Umgangsformen. Egal, Mission erfüllt, Würstl weg - Weihnachtsriede wieder einmal gerettet!
Zum Glück gibt es heuer keine Suppe... Man stelle sich vor: beim Servieren findet ein Teil dieser Speise seinen Weg auf die Hose des besagten armen Mannes. Normalerweise klar eine Aufgabe für die Waschmaschine. Zu Weihnachten löst man das Problem anders: Mann will sich trockentupfen, Frau mißfällt das sehr und schreit den Armen an: "WASCHEN SOLLST DU DICH!". Wieder ein Déjà-vu - der erschrockene Gesichtsausdruck der "Zuagroaßten", die es somit erst Heuer wirklich glauben kann, dass man in einer Familie so miteinander umgeht.
Ja klar, erklärte ihr ich es doch schon im Vorfeld: In dieser Familie hat ein Mann nichts zu sagen - so einfach lautet die Formel!